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Die Weihnachtsgeschichte oder: Storytelling zur Weihnachtszeit

Alle Jahre wieder erzählen wir vor Jahresende die Weihnachtsgeschichte. Unsere Kommunikationsexpertin Angela Bittner-Fesseler zeigt uns die Wissenschaft des Geschichtenerzählens und deckt auf, was das mit dem Geruch von Lebkuchen zu tun hat.

Zwei Frauen umarmen sich lächelnd, während sie festliche Pullover tragen. Im Hintergrund sind verschwommene Lichter und Weihnachtsdekoration zu sehen.

Und es begab sich zu der Zeit … Weihnachten war schon immer eine Zeit des Geschichten-erzählens – die vom Christkind, vom Licht, das am Himmel erscheint oder in neuerer Zeit vom Weihnachtsmann und seinen Rentieren, die einen Schlitten durch den Himmel ziehen, von artigen Kindern und warum man Geschenke bekommt. Es wurde erzählt, wie und warum es dazu kam, dass das Christkind in einem Stall geboren wurde und nur Esel und Ochse zuschauten. Eine scheinbar einfache Geschichte, die die Gründung einer ganzen Religion beinhaltet und rituell immer am Ende eines kalendarischen Jahres, wenn der Sonnenstand am niedrigsten ist, wieder und wieder erzählt wird. 

Doch weshalb ist das so?

Es wird davon ausgegangen, dass es Geschichten schon immer gab – seitdem Menschen sprechen können. Geschichten zu erzählen ist eine Tradition und ein System der Wissensvermittlung. Neurologen haben dieses Phänomen erforscht und kamen zum Schluss, dass kaum eine effektivere Art existiert, Wissen und Werte zu vermitteln und keine andere Kommunikationsform kann Wissen so tief im Bewusstsein verankern wie Geschichten.

Dass damit ein intensives, vom Erzählten getriggertes Erleben verbunden ist, ist eine weitere Besonderheit. So haben Forscher:innen herausgefunden, dass wir Lebkuchen riechen können, wenn wir eine Geschichte dazu hören, wie sie gemacht werden und wie sie duften. Das gilt auch für andere schöne Sachen: Wie echte Kerzen am Weihnachtsbaum flackern. Hierbei werden Areale im Gehirn aktiviert, die ebenso tätig werden, wenn wir diese Sinneseindrücke real erleben.

Geschichten machen Informationen greifbar und erlebbar

Geschichten können vom Gehirn ganz besonders gut erfasst und verarbeitet werden, denn sie haben viele Anknüpfungspunkte an schon Vorhandenes im Gedächtnis. Wenn wir reine Fakten hören – z. B. dass 44% der Deutschen Engel an den Weihnachtbaum hängen, stellt sich keine Weihnachtsatmosphäre ein. Erzählen wir die immer wiederkehrende Weihnachtsgeschichte, können wir uns sogar ein abstraktes Konzept wie Engel oder den Lebenszyklus eines Jahres vorstellen, also eine Wechselbeziehung von Zeit und unserem eigenen Erleben im Laufe der zwölf vom Menschen definierten Monate. Aber auch moralische Bewertungen von Lebensbedingungen können angestoßen werden, wenn ein Baby im unbeheizten Stall geboren wird. Geschichtenerzählen kann Zuhörenden helfen, Erfahrungen des fremden Alltagslebens Anderer kennenzulernen oder andere Lebenserfahrungen als die eigenen zu verstehen und sich in sie einzufühlen.

Und nachhaltig ist das auch noch: Die Weihnachtsgeschichte kann immer wieder unverändert erzählt werden. Jahr für Jahr.

Storytelling in Kommunikation und Marketing

Auch Unternehmen springen auf den Zug des Geschichtenerzählens auf und besonders zu Weihnachten hat das Storytelling für Marketing und Unternehmenskommunikation Hochsaison. Überall bekommen wir hochemotionale Weihnachts-Werbespots zu sehen. Die dort erzählten Geschichten – z.B. über das Heimkehren, die Überraschungen oder das schön anziehen zu Weihnachten – sind für die Unternehmen wertvoll, weil sie Nähe schaffen und Marken erlebbar machen. Wenn wir eine Figur begleiten, fühlen wir mit ihr. Dieses Gefühl bleibt im Gedächtnis und verbindet sich mit der Absendermarke. Die Menschen erinnern sich auch besser an die Botschaft der Marke, die in eine kleine Erzählung eingebettet ist.

Ob besinnlich, fröhlich oder nostalgisch – gerade zu Weihnachten sind Menschen besonders empfänglich für Emotionen. 

Es lohnt sich einen Blick darauf zu werfen, was eine gute Erzählung ausmacht und warum sie uns gerade in dieser Jahreszeit begleiten kann. Vielleicht denken Sie bei der nächsten Weihnachtsgeschichte auch an die Kraft, die in jeder guten Erzählung steckt. Sie kann verbinden, inspirieren und Wissen lebendig machen.

In diesem Sinne wünschen wir frohe Weihnachten mit vielen kleinen Geschichten, die Sie durch diese Zeit begleiten.

SRH Fernhochschule | Prof. Dr. Angela Bittner-Fesseler

Prof. Dr. Angela Bittner-Fesseler

ist Professorin für Medien- und Kommunikations­management an der SRH Fernhochschule – The Mobile University und Studiengangsleiterin des Masters Medien- und Kommunikationsmanagement (M.A.).

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