SRH Fernhochschule - The Mobile University
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Die Zukunft wird sichtbar - auf dem Weg ins virtuelle Studium

2003 wurde die Online-3D-Infrastruktur "Second Life" gestartet. Zehn Jahre später hatte das System ca. 36 Millionen Benutzer. Das Ziel: Raum und Zeit zu überwinden. Der Hype ist vorbei - dennoch werden weiter Wege der virtuellen Lehre gesucht.

Als im Jahr 2003 die Online-3D-Infrastruktur „Second Life“ startete, meldeten sich weltweit zahlreiche Hochschulen an – die Zukunft des Lernens schien nun endlich da zu sein. US-amerikanische Eliteunis, aber auch deutsche Universitäten und Fachhochschulen eröffneten virtuelle Campi. Unternehmen schufen virtuelle Flagshipstores, Behörden überlegten, ob sie virtuell Anträge bearbeiten sollten. In den von Nutzern gestalteten virtuellen Welten sollten Menschen durch Avatare interagieren, spielen, Handel betreiben und anderweitig kommunizieren und eben auch Vorlesungen hören können. Die Idee war, Raum und Zeit zu überwinden. Zehn Jahre später besaß das System ca. 36 Millionen registrierte Benutzerkonten. Heute agiert dort vor allem eine Fangemeinde – der große Hype ist vorbei. Denn Second Life konnte die reale Hochschule oder aber auch bewährte Fernhochschulstrukturen nicht ersetzen. Dennoch hat es den Blick dafür geschärft, wie Lehre und Forschung virtuell funktionieren können, wenn Menschen an unterschiedlichen Orten zusammenarbeiten und lernen wollen.

Die „Virtuelle Universität“

Von den 90ern Jahren an war E-Learning bereits ein Schlagwort in der Fernlehre. Zudem entwickelte sich das Modell des Blended-Learning, welches Fern- und Präsenzstudium verbindet. Dabei wird das Fernstudium zu Hause durch Präsenzveranstaltungen in Studienzentren des Ferninstituts oder der Hochschule ergänzt. Ende der 1990er Jahre verbreiteten sich im deutschsprachigen Raum Initiativen, die eine internetbasierte Hochschullehre anboten. Sie bezeichnet man als „Virtuelle Universität“ oder „Virtuelle Hochschule“. Einige der – auch stattlich geförderten – Organisationen sind wirklich „virtuell“, da sie nur als lose Verbindung von Universitäten, Instituten oder Abteilungen bestehen, die gemeinsam eine Anzahl von Kursen über das Internet anbieten. Andere hingegen sind reale Organisationen im Rahmen der geltenden Gesetze und nennen sich virtuell, weil sie nur im Internet erscheinen.

Massive Open Online Course

Es entstanden auch einzelne virtuelle Angebote: Bekannt sind die sogenannten Massive Open Online Course, kurz MOOC, die überwiegend in der Hochschul- und Erwachsenenbildung eingesetzt werden. Diese Onlinekurse erreichen oft große Teilnehmerzahlen, da sie auf Zugangs- und Zulassungsbeschränkungen verzichten. Bekanntes Beispiel ist eine Vorlesung des SAP Gründers Hasso Plattner, bei der sich mehr als 20.000 Teilnehmer einloggen wollten. Über Lernplattformen beziehungsweise sogenannte Lernmanagement-Systeme können Dozenten heute multimediales Material bereitstellen. Zudem können sie Veranstaltungen abhalten, Studierende beraten und Prüfungen abnehmen. In Netzwerken finden sich Studierende zu Interessen- oder Lerngruppen zusammen, es werden Prüfungsfragen und Forschungsaufgaben diskutiert. Fernstudenten sammeln in E-Portfolios von ihnen erstellte Arbeiten, können sie zeigen und diskutieren.

 

Die digitale Revolution

Das Resultat der digitalen Revolution sind Erklär-Videos, MOOCs und geteilte Inhalte im Web 2.0 Alltag – auch in der Hochschullehre. Auf Plattformen wie YouTube, Vimeo und andere finden sich zudem Informationen, Anleitungen und Erklärvideos zu fast allem, was das menschliche Leben ausmacht. Daher ist heute im Lernzusammenhang entscheidend, bei aller digitaler Vielfalt und Vielzahl der Angebote nicht den Überblick zu verlieren und vertrauenswürdige Inhalte zu identifizieren. Die eigene Hochschule oder andere staatlich anerkannte Institutionen garantieren diese Qualität und bieten somit Orientierung im Dschungel der Angebote. Zugleich ermöglicht die Digitalisierung nun endlich wirklich ein lebenslanges Lernen – wie Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, es formuliert* – in allen Lebensphasen – wie unserer eigenen Studierenden es zeigen.

„Was die Wirksamkeit des digitalen Codes als Evolutions- und Innovationstreibers aber noch weiter verstärkt (…) sind die Tatsachen, dass neue Informationen zum einen sehr zielgerichtet eingefügt werden können und zum anderen via Internet in Echtzeit weltweit transportierbar sind“ (ebd. S. 3). Immer neue Technikanwendungen und Medien sind überall realisierbar und sofort verfügbar. Durch die Entwicklung des taktilen Internets können Menschen darüber hinaus durch einen Knopfdruck Prozesse am anderen Ende der Welt auslösen und beeinflussen. In früheren Zeiten war dies an die physische Präsenz vor Ort oder später an die Übertragung der persönlichen Kommunikation mithilfe von Trägermedien wie Telefon, Fax u. ä. gebunden. Auch die ortsungebundene Produktionsentscheidung (3D-Drucker) sowie die Veröffentlichung von digitalbasierter Information als Bilder, Texte, Videos über den Verteilungsweg Internet – ohne zentrale Kontrolle – sind Ergebnisse dieser Entwicklung.
 

*Neugebauer, R. (2018). Digitale Information – der „genetische Code“ moderner Technik. In R. Neugebauer (Hrsg.), Digitalisierung. Schlüsseltechnologien für Wirtschaft und Gesellschaft. Berlin Heidelberg: Springer Vieweg, S. 1–7.

Bildquelle: Screenshot https://www.youtube.com/watch?v=cAJvLv2oBAA und Screenshot des Second Life – HWR Island https://vimeo.com/19806537