SRH Fernhochschule - The Mobile University
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Schach, Studium, Selbstständigkeit: Wie Lara Schulze zwischen 64 Feldern und Fernstudium jongliert

Lara Schulze verbindet strategisches Denken am Schachbrett mit akademischer Bildung an der SRH Fernhochschule. Dank des flexiblen Fernstudienmodells meistert sie den Spagat zwischen Leistungssport und Fernstudium.

Eine Schachspielerin mit langen Haaren in einem schwarzen Blazer und gelbem Oberteil zieht eine Figur auf einem Schachbrett.

Schon in der ersten Minute dieses Gesprächs wird klar: Wenn Lara Schulze sagt, sie habe „nach dem Abi erst mal ein Jahr Schach gemacht“, dann klingt das wie ein Auslandsjahr bei anderen Abiturient:innen, ist aber eher ein Vollzeitjob im Kopf. Aus dem einmaligen Projekt wurde eine Karriere: Heute ist sie Profischachspielerin, Trainerin, Nationalspielerin, Wirtschaftpsychologie-Studentin an der SRH Fernhochschule – The Mobile University und eine der wenigen Menschen in Deutschland, die mit Schach ihren Lebensunterhalt verdient.

Vom gebrochenen Fuß zur Bronzemedaille

Zum Schach ist Lara über einen Umweg gekommen, der eher nach Kinderarztpraxis als nach Königsgambit klingt. Mit acht Jahren springt sie vom Klettergerüst, bricht sich den Fuß. Ihre Eltern suchen nach einem Hobby für Sie, das man auch mit gebrochenem Fuß machen kann. Die Lösung: Eine Schnupperstunde im Schachclub.Was dann passiert, liest sich wie ein Lehrbuchfall für Talent plus Leidenschaft: Lara steigert sich schnell, gewinnt früh Bezirksmeisterschaften, sammelt Titel im Jugendbereich – fünf deutsche Jugendmeistertitel, dazu Einsätze bei Jugendweltmeisterschaften und der Titel als Junioren-Europameisterin. Aus dem Zeitvertreib wird Leistungssport, aus dem gebrochenen Fuß ein Karrierebeginn, der sie heute auf Platz vier der deutschen Frauenrangliste und in die Top 100 der Welt geführt hat.

Eine junge Frau mit langen Haaren sitzt an einem Schachbrett, das mit Schachfiguren in verschiedenen Farben besetzt ist. Sie trägt eine schwarze Lederjacke.
Foto: Urte Bösche

Ein Schachjahr, das geblieben ist

Und wie war das mit der Zeit nach dem bestandenen Abitur? Ihr eigentlicher Plan im Jahr 2021 klingt noch recht klassisch: ein Jahr Schach – „so wie andere ein Auslandsjahr machen“, erzählt sie. Im Anschluss wollte sie ein Präsenzstudium in Hannover beginnen. Doch das Jahr läuft besser als gedacht: Lara gewinnt Turniere, steigt in die Nationalmannschaft auf und merkt, dass sich mit Schach tatsächlich Geld verdienen lässt, vor allem als Trainerin.

​An diesem Punkt steht sie vor einer Frage, die viele Leistungssportler kennen: ganz auf die Karte Sport setzen oder doch studieren? Ihren Plan, ein Studium zu beginnen, will sie nicht aufgeben. Ein traditionelles Präsenzstudium scheidet aus, weil ihr Alltag längst aus Turnieren, Trainingsstunden, Vorbereitung und Reisen besteht. ​So landet sie beim flexiblen Fernstudium der SRH Fernhochschule.

Schach als Studium und Turniere als Klausuren

Wenn Lara ihren Alltag beschreibt, klingt das wie ein intensives Vollzeitstudium mit sehr strenger Prüfungsordnung. Sie bezeichnet sich klar als Profischachspielerin: „Ich mache von morgens bis abends Schach“, sagt sie und meint damit längst nicht nur das eigene Training. Ihr Schach-Tag beginnt meist mit dem Selbststudium in Büchern und am Computer. Sie analysiert Eröffnungen und Pläne von anderen Spielern und identifiziert schließlich typischen Stellungen. Wenn Turniere anstehen, bereitet sie sich gezielt auf ihre Gegner mit Hilfe großer Datenbanken vor. Neben dem eigentlichen Training mit Taktik- und Mustererkennungsaufgaben studiert sie die die Partien von anderen Topspieler:innen weltweit. Und wenn Sie selbst nicht trainiert, gibt sie ihr Können und Wissen an ihre Schüler:innen weiter. 

Dabei drängt sich Parallele zum Hochschulalltag auf: Tatsächlich kennt sie den Vergleich bereits. Schach ist in vielen Facetten wie ein Studium, sagt sie. In dieser Analogie sind die Turniere die Klausuren. „Die monatelange Vorbereitung verdichtet sich an einem bestimmten Tag, an dem abgerufen werden muss, was zuvor erarbeitet wurde“, sagt Lara.

Ein Team von sieben Personen hält eine deutsche Flagge und posiert mit einem Pokal. Im Hintergrund sind Flaggen und Sponsorenlogos sichtbar.
Lara Schulze (Bildmitte mit Pokal) bei Mannschafts-Europameisterschaft, bei der sie die Bronzemedaille mit der Deutschen Mannschaft gewann. Foto: Finn Engesser

Ein unendliches Spiel

Im Gespräch mit Lara Schulze wird klar, warum der immer wieder zitierte Vergleich „mehr mögliche Schachpartien als Atome im Universum“ sie fasziniert. Für sie bedeutet das vor allem eines: „Man ist beim Schach nie fertig. Genauso ist es doch mit Bildung.“ Keine Partie gleicht der anderen, jede Stellung fordert einen neuen Blick, jedes Turnier stellt andere Anforderungen. Schach ist, wie sie es formuliert, „ein komplett unendliches Feld“, das niemand je zu hundert Prozent verstehen kann – „selbst der beste Spieler der Welt nicht“.

​Diese Unendlichkeit ist dabei nicht frustrierend, sondern treibende Kraft: Sie versucht, immer mehr zu verstehen, „immer klarere Partien zu spielen“ und sich Schritt für Schritt nach oben zu arbeiten. Messbar wird die Leistung an der so genannten Elo-Zahl. Je höher diese ist, umso stärker wird man als Spieler:in eingeschätzt. In dieser Logik ähnelt der Schachbrett-Kosmos einem lebenslangen Studium: Es gibt kein letztes Kapitel, nur den nächsten Erkenntnissprung.

Jeden Tag fünf Stunden volle Konzentration

Wer Schach für eine Art Brett-Idylle mit Tee, Ruhe und Gelassenheit hält, lernt bei Lara eine andere Realität kennen. Klassische Turniere bestehen für sie aus einer Runde am Tag, meist um 15 Uhr, mit einer Bedenkzeit, die Partien von vier bis fünf Stunden Länge zur Regel macht. ​Der Vormittag gehört dabei allein der Analyse: Lara weiß schon Stunden vorher, gegen wen sie spielt, geht die Eröffnungen des Gegners durch, sucht Überraschungen, versucht, sich einen Wissensvorsprung für die konkrete Paarung zu erarbeiten. Der Nachmittag ist dann gewissermaßen die Klausurphase: fünf Stunden in höchster geistiger Anspannung – immer mit der Gefahr, dass ein einziger Fehler eine ganze Partie kippt.

​Nach so einem Tag sei man „sehr, sehr kaputt“, sagt sie und findet ein Bild, das auch Studierende sofort verstehen: „Zwei Wochen Meisterschaft sind wie als müsste ich jeden Tag eine fünfstündige Klausur schreiben.“ Gleichzeitig lernt man, nicht permanent auf 110 Prozent zu laufen: Lara beschreibt, wie wichtig es ist, kritische Momente zu erkennen, in denen alle Konzentration auf eine Stellung gelenkt wird. Dazwischen gibt es Phasen, in denen man aufsteht, durchatmet und an anderen Brettern vorbeigeht. Lernökonomie auf 64 Feldern.

Eine Schachspielerin sitzt an einem Tisch mit zwei Schachbrettern, umgeben von Flaggen verschiedener Länder.

Mustererkennung als berufliche Kernkompetenz

Wer mit Lara über Schach spricht, merkt schnell: Es geht weniger um „geniale Einfälle“ und mehr um strukturierte Mustererkennung. Gegen einen Laien, der nur gelegentlich spielt, erkenne sie „bei jedem Zug sofort“, welche Schwächen sich auftun, welche Taktiken möglich werden, was der Zug verschlechtert oder ermöglicht. ​Das klingt nüchtern, ist aber hochkomplex: In geradlinigen Varianten rechnet sie bis zu zehn Züge tief und kann in bestimmten Stellungen auch 20 Halbzüge im Kopf visualisieren. In verzweigten, taktisch komplizierten Stellungen verkürzt sich das, aber der Abstand bleibt: Wenn sie standardmäßig mindestens fünf Züge weit denkt, während der Gegner vielleicht zwei Züge vorausberechnet, ist das wie ein Wissensvorsprung in jeder einzelnen Entscheidung.

Genau diese Fähigkeit, Muster sehen, Verläufe antizipieren und Entscheidungsbäume im Kopf durchspielen, ist auch eine zentrale Kompetenz im Studium und in vielen späteren Berufsfeldern. Insbesondere in der Wirtschaftspsychologie. Lernstrategien, Prüfungsplanung, Priorisierung: Vieles, was Studierende sich mühsam erarbeiten, ist in ihrer Schachpraxis Alltag.

Konzentration, Frustration, Psychologie: ein Sport im Kopf

Wo andere Sportarten von Muskulatur, Schnellkraft oder Ausdauer erzählen, spricht Lara von Konzentration, Emotionen und Störfaktoren. Spielsäle sind eng, Geräusche lenken ab, die eigene Tagesform schwankt und körperliches Unwohlsein macht keinen Bogen um den Turnierkalender.

​Die Kunst bestehe darin, das, was sich nicht ändern lässt, „möglichst gut auszublenden“. Das reicht von nervigen Räumen über laute Umgebungen bis zu eigener Erschöpfung. Wer Schach als reine Denksportaufgabe missversteht, sieht den mentalen Wettkampf nicht: Druck, Erwartungshaltung, Fehlerangst, all das sitzt am Brett mit.

​Nicht zufällig hat sie sich für ein Fach entschieden, in dem diese Fragen wissenschaftlich betrachtet werden: Wirtschaftspsychologie, mit einer klaren Affinität zur Sportpsychologie und speziell zu den mentalen Aspekten des Schachs. Dass sie sich „schon sehr viel damit auseinandergesetzt“ hat, zeigt sich in jedem zweiten Satz, sei es, wenn sie über Konzentrationsphasen, Druck durch Preisgelder oder das bewusste Druck rausnehmen durch planbare Einkommen spricht. Ein klassisches Präsenzstudium, mit festen Vorlesungszeiten und Anwesenheitspflicht, wäre mit ihrem Turnierkalender schlicht nicht zu vereinbaren. Die SRH Fernhochschule bietet ihr die Flexibilität, die sie braucht, um nationale und internationale Turniere, Trainingsblöcke und Lernphasen zu kombinieren.

Schach, das Spiel ohne Altersgrenze

Einer der Momente, in denen sich Lara hörbar freut, ist der, in dem es um die Durchmischung im Schach geht. Ja, es gibt Jugendmeisterschaften bis zur Altersklasse U20, dazu Seniorenwettbewerbe – aber in den meisten offenen Turnieren spielen alle gemeinsam: Kinder, Erwachsene, Rentnerinnen und Rentner. „​So kommt es vor, dass ein achtjähriges Kind gegen einen 85-Jährigen spielt und sich auf Augenhöhe duelliert“, berichtet die 23-Jährige. Und wieder findet sich eine Parallele zum Fernstudium: Unterschiedliche Lebensphasen, Lebensalter sowie Biografien, und dennoch ein gemeinsamer Raum, in dem Leistung, Motivation und Durchhaltevermögen zählen, nicht der Geburtsjahrgang.

Die Faszination: Rätsel lösen unter Wettkampfdruck

Schon als Kind hat sie gern „Probleme gelöst“ und sich konzentriert mit Dingen beschäftigt, bei denen es etwas zu entschlüsseln gibt.Diese Kombination macht das Spiel für sie zu einer Leidenschaft, die weit über das bloße Hobbyniveau hinausgeht. Sie sagt, sie könne sich gar nicht vorstellen, was sie ohne Schach tun würde. „Wahrscheinlich mehr studieren“, fügt sie lachend an.

„Schach ist eine Randsportart“, diesen Satz sagt sie ohne jede Bitterkeit, eher mit realistischer Nüchternheit. Reich werde man damit nicht, aber „wie mit einem normalen Job“ könne sie inzwischen leben, betont sie. ​Das gelingt, weil sie verschiedene Einnahmequellen klug kombiniert: Preisgelder von Turnieren, Honorare für Einsätze in der Nationalmannschaft und vor allem aber regelmäßige Einkünfte aus Trainings und Kursen. In Deutschland gebe es weniger als zehn Profi-Schachspielerinnen und -spieler, die wirklich von Schach leben können, schätzt sie. Umso dankbarer sei sie, dass sie dazugehört. 

Nils Fabisch

Marketing & Sales / Press & Media Relations

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