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Digital vernetzte Arbeitswelt, Zusammenarbeit und Führung: Was die Wirtschaftspsychologie darüber denkt

Prof. Dr. Manfred Mühlfelder gewährt einen Einblick in die Ergebnisse seiner Forschung zum Thema Arbeitswelt 4.0 und erklärt, wie die Digitalisierung von Arbeitsprozessen unser Denken und Handeln verändert.

SRH Fernhochschule | Prof. Dr. Manfred Mühlfelder

Wie sieht die digital vernetzte Arbeitswelt der Zukunft aus? Prof. Dr. Manfred Mühlfelder, Studiengangsleiter Psychologie, erforscht dieses Thema aus wirtschaftspsychologischer Sicht. Auf der Konferenz „Vernetzte Arbeitswelt – der digitale Arbeitnehmer“ präsentierte er die Erkenntnisse seiner Forschung:

Einblick 2: Prof. Dr. Manfred Mühlfelder

Als Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie und Projektmanagement sehe ich mehrere Dimensionen und Facetten, wie die Digitalisierung von Arbeitsprozessen unser Denken und Handeln verändert. Wir müssen in einer „digitalen“ Welt noch viel mehr als in einer „physikalischen“, gegenständlichen Welt unsere gemeinsamen mentalen Modelle („shared mental models“) miteinander abgleichen und überprüfen, ob wir ein ähnliches Verständnis unserer Aufgaben, Ziele und Vorgehensweisen haben oder erst entwickeln müssen.

Emotionale Identifikation ist nötig

Neben diesen kognitiven Elementen bedarf in einer digital geprägten Arbeitswelt aber auch motivationaler und der emotionalen Auseinandersetzung in einem Team, damit es kreativ und produktiv sein kann. Wichtig ist hierbei die „wirksame emotionale Identifikation“ mit den Teamzielen, damit die Teammitglieder in selbstorganisierten und virtuellen Teams ein echtes „Wir“-Gefühl entwickeln und sich gegenseitig dabei unterstützen, ihre Aufgaben bestmöglich zu erfüllen.

Gerade in digital vernetzten Teams, in denen sich die Teammitglieder selten oder gar nicht physisch begegnen, bedarf es hoher kommunikativer und empathischer Fähigkeiten aller Beteiligten, um ein gemeinsames mentales Modell der Aufgaben und Ziele zu entwickeln, sich wechselseitig zu motivieren und mögliche Konflikte zu erkennen und zu lösen.

Die bisher geltenden, grundlegenden Anforderungen an die Führung von Mitarbeitern bleiben aber dieselben. Es geht darum, die Mitarbeiter auf ein gemeinsames Ziel auszurichten (Lokomotion) und für einen erlebbaren Zusammenhalt zu sorgen (Kohäsion). Mehr und mehr Unternehmen gehen jedoch dazu über, neue Arbeitsformen („new work“) auszuprobieren und die Möglichkeiten zu nutzen, die digitale Technologien bereitstellen. Seien es mobile Endgeräte, die eine Zusammenarbeit von verschiedenen Orten auf der Welt ermöglichen, wo es einen Zugang zum Internet gibt, oder Cloud-basierte virtuelle Arbeitsräume, in denen die Teammitglieder ihre Arbeitsergebnisse miteinander austauschen. Arbeit ist nicht mehr an einen bestimmen Ort, ein Büro oder eine Maschine gebunden. In der Tat können sogar in der industriellen Produktion virtuelle Maschinen und „digitale Zwillinge“ dazu genutzt werden, um physikalische materielle Prozesse zu simulieren, zu steuern und aus der Ferne zu überwachen.

Management-by-people

Neue Erkenntnisse brachte hier der Arbeitspsychologe J. R. Hackman in die Diskussion. Er hat die psychologischen Merkmale von selbstorganisierten Hochleistungsteams untersucht und die folgenden charakteristischen Merkmale gefunden:

1. Common Purpose: Die Frage nach dem Sinn und Zweck der Zusammenarbeit. Was ist das gemeinsame Ziel und welchen Sinn sehen die Teammitglieder darin, dieses Ziel zu erreichen?
2. Klare Rollen: Wer nimmt welche steuernde, kreative, handelnde, beobachtende Rolle im Team ein? Werden diese Rollenzuschreibungen von allen respektiert?
3. Akzeptierte Führung und die Bereitschaft und das Vertrauen der Teammitglieder, sich in eine bestimmte Richtung führen zu lassen.
4. Effiziente Selbstregulation und Koordination der Handlungen der Teammitglieder, um als Team effektiv zu sein.
5. Solide und „tragende“ soziale Beziehungen, um auch und gerade in Konfliktsituationen ein Basisvertrauen zu haben, welches die Teammitglieder aneinander bindet.
6. Hohe kommunikative und soziale Kompetenzen sowohl der Teammitglieder als auch der Teamleiter, um Entscheidungsprozesse im Team auszuhandeln.

Angesichts der Veränderungen, denen sich viele Unternehmen in einer digitalisierten und vernetzten Welt öffnen müssen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, bedarf es neuer Arbeitsformen. In diesen Arbeitsformen sollten sich die Mitarbeiter ebenfalls miteinander vernetzen können, um ihr Wissen in Produkte und Dienstleistungen mit Mehrwert für die Kunden umzusetzen. Dies kann nicht (mehr) nach der Logik hierarchischer Top-down Führung gelingen. An die Stelle managergeführter Teams werden mehr und mehr selbstgeführte agile Teams treten, die nach ihren Regeln kreative Ideen in wertschöpfende Produkte und Services umwandeln. Dieser Trend ist nicht zu stoppen. Aus Management-by-Objectives wird Management-by-People.

Zur Person

Prof. Dr. Manfred Mühlfelder beschäftigt sich bereits seit seinem Studium mit Arbeits- und Organisationspsychologie. Nach seiner Promotion war er einige Jahre als Trainer und Berater bei großen Automobilherstellern tätig und absolvierte neben dem Beruf ein Fernstudium. Seit 2014 lehrt er bereits an der SRH Fernhochschule – The Mobile University und ist Studiengangsleiter für den Bachelor Studiengang Psychologie (B.Sc.)und den Master Wirtschaftspsychologie (M.Sc.).

 

Ausblick

Erfahren Sie im nächsten Beitrag mehr über die Forschungsergebnisse zur Vernetzten Arbeitswelt. Dabei gewährt Prof. Dr. Anja Tausch einen Einblick in die Ergebnisse ihrer empirischen Sozialforschung zum Thema Führung in Zeiten von Digitalisierung, Globalisierung und Wandel – Führungskräfte im internationalen Vergleich.

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Prof. Dr. Manfred Mühlfelder

Professur für Wirtschaftspsychologie und Projektmanagement